Welchen baulichen Veränderungen muss die Eigentümergemeinschaft zustimmen?

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft umfasst alle Eigentümer und entscheidet gemeinsam über verschiedene Angelegenheiten, welche die Immobilie betreffen. Bei baulichen Veränderungen kommt es hier oft zum Streit, wenn ein Eigentümer etwas umbauen möchte und ein anderer Eigentümer der Baumaßnahme nicht zustimmen will. Aber in welchen Fällen brauche ich überhaupt die Zustimmung der anderen Eigentümer?

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Was sind bauliche Veränderungen?

Eine bauliche Veränderung liegt vor, wenn eine Baumaßnahme folgende Kennzeichen aufweist: Sie ist auf Dauer angelegt, wurde nach Entstehen des Wohnungseigentums durchgeführt, gestaltet das gemeinschaftliche Eigentum um und geht über seine ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung hinaus.

Deutlich wird, dass klar zwischen bauliche Veränderungen und bloßen Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen unterschieden werden muss. Je nachdem, um welche Art der Baumaßnahme es handelt, gelten verschiedene Beschlussmehrheiten. Allerdings ist eine Abgrenzung nicht immer einfach. Typische Beispiele sind:

  • Instandhaltung: Heizungswartung inklusive Austausch von Verschleißteilen
  • Instandsetzung: Ausbau einer defekten Heizung und Einbau einer baugleichen Heitung
  • Modernisierende Instandsetzung: Einbau einer besseren Wärmepumpe
  • Modernisierung: Austausch einer alten Heizung und Einbau einer neuen Heizung
  • Bauliche Veränderung: Anbau einer Markise, Balkonumbau, Einbau eines Aufzugs

Wer muss einer baulichen Veränderung zustimmen?

Bauliche Veränderungen dürfen nur vorgenommen werden, wenn alle Eigentümer zustimmen, die von der Maßnahme konkret betroffen sind. Dabei muss die Abstimmung durch eine förmliche Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung erfolgen, eine mündliche Zustimmung reicht nicht aus. Gibt es keine ordnungsgemäße Beschlussfassung, darf jeder Wohnungseigentümer die Beseitigung der baulichen Maßnahme verlangen.

Kann ein Eigentümer die Zustimmung verweigern?

Sind sich die Eigentümer über eine bauliche Maßnahme nicht einig, kann jeder konkret betroffene Eigentümer die Zustimmung verweigern, wenn die Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums zu seiner Beeinträchtigung führt. Eine deutliche Beeinträchtigung liegt beispielsweise vor, wenn der optische Gesamteindruck der Immobilie beeinträchtigt wird, wenn Teile des Gemeinschaftseigentums nicht mehr genutzt werden können oder wenn es zu Geruchs- oder Lärmbelästigung kommt.

Dabei kann der Eigentümer, der die bauliche Maßnahme durchsetzen will, ihre Rechtmäßigkeit mit einer Feststellungsklage überprüfen lassen. Setzt sich ein Eigentümer über die Meinung der anderen Eigentümer hinweg und beginnt einfach ohne Zustimmung mit den Bauarbeiten, können die anderen Eigentümer die Baumaßnahme durch eine einstweiligen Verfügung vor dem Wohnungseigentumsgericht stoppen lassen.

Nicht genehmigte bauliche Veränderungen haben eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Dabei startet diese Frist zum Monatsersten des Folgejahres, in dem der Anspruch auf einen Rückbau der baulichen Veränderung entstanden ist. Der Eigentümer, der die nicht genehmigte bauliche Veränderung angestoßen hat, muss die Kosten für die Beseitigung tragen.

Wann kann die Zustimmung nicht verweigert werden?

Seit der WEG-Reform sind Baumaßnahmen, die der Barrierefreiheit dienen, besonders geschützt. Bauliche Veränderungen zur Förderung der Barrierefreiheit können demnach auch von einzelnen Eigentümern durchgesetzt werden. Dabei sind zwei Urteile des Bundesgerichtshof (BGH) maßgeblich, welche Maßnahmen zur Barrierereduzierung auch von einem Eigentümer alleine verlangt werden kann:

In dem einen Fall (BGH, Urteil v. 9.2.2024, V ZR 244/22) ging es um den Einbau eines Aufzugs in einem denkmalgeschützten Jugendstilgebäude auf Kosten eines nicht körperlich behinderten Eigentümers. Der Beschlussantrag des Eigentümers bekam in der Eigentümerversammlung keine Mehrheit. Der BGH gab dem Eigentümer bei seiner Beschlussersetzungsklage recht. Unter anderem wurde dies damit begründet, dass der Aufzug Menschen mit Behinderungen dienlich ist.

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In dem anderen Fall (BGH, Urteil v. 9.2.2024, V ZR 33/23) ging es um eine Beschlussanfechtung zum Bau einer Rampe. Auf der Wohnungseigentümerversammlung wurde beschlossen, der Eigentümerin einer Erdgeschosswohnung auf der Rückseite des Gebäudes eine Rampe für den barrierefreien Zugang bauen zu lassen. Gegen diesen Beschluss hatten andere Eigentümer eine Anfechtungsklage eingereicht, die der BGH aber abschmetterte. Er hielt die Anfechtungsklage für unbegründet.

Mit diesen zwei Fällen hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass nur wenige Voraussetzungen und Grenzen für bauliche Veränderungen zur Barrierereduzierung gelten. Wer eine bauliche Maßnahme durchsetzen oder abschmettern lassen will, sollte sich aber am besten vorher rechtlich beraten lassen. Rechtsanwalt Thomas Noack berät Sie gern.

Anwalt für Verkehrsrecht Thomas Noack

Über Rechtsanwalt Thomas Noack

Seit 1996 ist Thomas Noack als Anwalt in Berlin Köpenick tätig. Sein Jura Studium schloss er mit Prädikatsexamen an der Humboldt-Universität zu Berlin ab.

Als Fachanwalt ist der gelernte Automechaniker spezialisiert auf das Verkehrsrecht. Regelmäßig wird er zu diesem Themengebiet durch die Radiosender 91.4 und 88.8 sowie die Fernsehsender ZDF, N24 und ntv interviewt.

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